Vom queren Denken

Es war mal eine intellektuell Auszeichnung, als Querdenker angesehen zu werden. Beim Denken ist es nämlich gut, wenn man sich nicht auf ausgetretenen Pfaden bewegt. Kein Schachspieler auf dieser Welt würde so vorgehen – oder mit einer ELO-Zahl im 10er Bereich nur noch Turniere auf der Demenzstation austragen.

Um quer zu denken, muss man alle geraden Pfade berücksichtigen und die Gemeinsamkeiten erkennen können, ohne linear am Weg fest zu halten. Um quer zu denken, muss man frischen Wind in sein Hirnkastl lassen und diesen vom abgestandenen Pups ewiggestriger Instinkte unterscheiden können. Querdenken erfordert Fakten und realitätsbezogene analytische Fähigkeiten. Und man braucht Phantasie und Kreativität.

Spätestens seit Corona ist der Begriff ein Synonym für faktenresistente youtube-Academy-Absolventen, denen es zwar nicht an Phantasie mangelt, dafür aber am Realitätssinn. Die Anwärter auf die youtube-Academy sind die mit der „Schule des Lebens“ als Bildungsnachweis auf ihrem Soschel Mierda Kanal. Dabei zeichnen sich sowohl der vorakademische, als auch der akademische Grad dieser besonderen Bildungsbürger vor allem durch die besondere Fähigkeit, eigene Realitäten zu erschaffen aus. Nicht selten gehört der Querdenker heute einer als heimelig hochstilisierten, braunen Vergangenheitsversessenheit an und: Er möchte ernst genommen werden.

Schade, aber Wünsche gehen nicht immer in Erfüllung.