Grundkurs Gitarre Woche 2 – Finger oder Plektrum?

Nachdem du erste Bekanntschaft mit dem Greifen von Einzelseiten und Akkorden gemacht hast, stellt sich dir vermutlich die Frage, wie du nun beides idealerweise spielen sollst? Nun, wie du sicher schon weißt – man kann die Gitarre entweder mit den Fingern spielen, oder ein Plektrum verwenden, um die Saiten anzuschlagen. Das Eine schließt das Andere aber nicht aus – und deshalb lernst du in diesem Tutorial beide Spieltechniken kennen.

Wir konzentrieren uns in der 2. Woche mehr auf die Spielhand, das Zupfen von Saiten (von nun an: Finger-Picking) und das Anschlagen der Saiten mit dem Plektrum (von nun an: Pick).

Finger-Picking: Der „klassische“ Anschlag

Grundkurs Gitarre - die Spielhand

die Spielhand

Beim klassischen Anschlag (vergl. hier) zupfst Du die Saiten mit deinem Daumen und dem Zeige-, Mittel- und Ringfinger deiner Spielhand an. Dabei sind die Finger, wenn nicht explizit anders angegeben, fest einzelnen Saiten zugeordnet:

  • Daumen (p): E-, A- und D-Saite
  • Zeigefinger (i): G-Saite
  • Mittelfinger (m): B-Saite
  • Ringfinger (a): hohe E-Saite

Die Spielhand schwebt zwischen Steg und Schallloch. Die Bewegungen der Finger erfolgen aus dem jeweiligen Fingergrundgelenk heraus. Der Daumen macht dabei eine kreisende Abwärtsbewegung und kehrt danach in seine Ausgangsposition zurück. Alle anderen Finger bewegst du so, dass sie in einer leichten Aufwärtsbewegung von der Saite weg anschlagen. Achte beim Anzupfen einer Saite darauf, wirklich auch nur diese Eine zu treffen – und nicht etwa an der darüberliegenden Saite hängen zu bleiben.

Finger-Picking: Der Folk-Anschlag

Beim Folk-Anschlag spielst Du mit dem Daumen und fast immer nur mit dem Zeige- und dem Mittelfinger. Dem Daumen kommt bei dieser Spieltechnik eine erweiterte Rolle zu und die anderen Finger bedienen positionsabhängig unterschiedliche Saiten:

  • Daumen (p): E-, A-, D- und G-Saite
  • Zeigefinger (i): B-Saite
  • Mittelfinger (m): hohe E-Saite

Wenn in der Tabulatur nichts Anderes angegeben ist, sind die Handhaltung und die Anschlagtechnik die Gleichen wie beim klassischen Anschlag.

Flat-Picking: Der Anschlag mit dem Plektrum

Ein Plektrum (Pick) ist ein Plättchen aus Plastik oder Vinyl, mit dem die Saiten angeschlagen werden. Es gibt sie in den verschiedensten Formen und Stärken. Für den Anfang empfehle ich dir ein Mittelhartes in der Stärke 0,63 bis 0,73.

Bevor du loslegen kannst, musst du zu aller erst lernen, wie man ein Plektrum hält und spielt:

  • Als Ausgangslage bildest du mit deiner Spielhand in etwa eine halbgeöffnete Faust. Durch diese Haltung sind die Finger in den Gelenken automatisch gebeugt, was für den Zeigefinger, auf dem das Plektrum gleich aufliegen wird, sehr entscheidend ist.
  • Nun legst du das Plektrum auf dem vorderen Gelenk des Zeigefingers ab und fixierst es anschließend mit dem Daumen, der in keinem Gelenk gebogen ist.
    Die Plektrumspitze soll etwa einen halben Zentimeter im fast rechten Winkel unter dem Daumen herausragen.
  • Ganz entscheidend dabei ist, dass du beim Halten des Plektrums möglichst wenig Druck ausübst. Sowohl die Hand als auch die Armmuskeln sollten entspannt bleiben.
  • Anschlagbewegung: Halte das Plektrum parallel zur Saite. Beim Abwärtsschlagen zeigt die Plektrumspitze minimal nach Oben, beim Aufwärtsschlagen minimal nach Unten (sonst würdest du dich leicht in einer der Saiten verhaken). Die Bewegung kommt aus Handgelenk und Unterarm, wobei der Fokus im Melodiespiel mehr auf der Bewegung aus dem Handgelenk liegt. Bei größeren Anschlagbewegungen im Akkordspiel bekommt der Unterarm ganz automatisch mehr Gewicht.

Wenn du möchtest, schau dir dazu gern ein Video an, welches ich vor einigen Jahren mal für Kursteilnehmer gemacht hatte – mit dem Plektrum geht es bei Minute 0:50 los.

Übungen

Achte beim Üben einer Tabulatur immer darauf, ob und wie Fingersätze für die Greif- und für die Spielhand angegeben sind!
Wenn du dir noch nicht sicher mit dem Lesen von Tabulaturen bist, dann lies bitte nochmal im Teil 1 und Teil 2 des Tabulatur-Kapitels alles nach.

Vorübung zur Übung 6 – das klassische Finger-Picking

Greife den A-Moll Akkord und spiele das angegebene, zweitaktige Zupfmuster („Picking Pattern“) einige Male durch:

Es dauert am Anfang ein Weilchen, bis dir die Finger so gehorchen, wie sie sollen. Mach diese Übung in langsamem Tempo. Du wirst sehen, dass dein Spiel mit jeder Wiederholung besser wird.

Übung 6 – eine Finger-Picking Etüde mit klassischem Anschlag

Finger-Picking Etüde - Grundkurs Gitarre

Übung 6

Betrachten wir uns zunächst die Tabulatur einmal genauer:

  • Die zu spielenden Akkorde kennst du bereits aus der Lektion zur 1. Woche.
  • Auch der gleitende Abwärtsschlag in den Takten 1, 3, 6 und 7 sollte dir nicht mehr fremd sein: Gleite langsam mit dem Daumen abwärts über alle angegebenen Saiten.
  • Im Takt 6 verbinden wir zwei halbe Noten per Legato so miteinander, dass ihr Klang so lange anhält wie eine ganze Note. Nur der erste Akkord wird dabei angeschlagen.
  • Im Noten-Teil der Tabulatur kannst du vor einer Note kleine Zahlen und Buchstaben erkennen – das sind die Angaben zum Fingersatz für die Greifhand (Zahlen) und die Spielhand (Buchstaben). Nehmen wir einmal den 2. Takt als Beispiel:
    Der gegriffene Akkord ist das A-Moll, Du hast ihn bereits im 1. Takt gegriffen (ein angegebener Akkord bleibt in einer Tabulatur so lange gültig, bis entweder ein neuer Akkord, oder aber eine andere Greifanweisung folgt).
    Die A-Saite wird leer (0) mit dem Daumen (p) angeschlagen, die Notendauer beträgt eine Viertelnote.
    Danach wird die hohe E-Saite mit dem kleinen Finger (a) angeschlagen, die Notendauer beträgt eine Achtelnote. Ich habe hier die Angaben zum Fingersatz der Greifhand weggelassen, da sie sich aus dem Akkorddiagramm ergibt! 
    Als Nächstes spielst du die im 2. Bund gegriffene G-Saite mit dem Zeigefinger (i), die Notendauer beträgt auch hier eine Achtelnote.
    Darauf folgen erneut zwei Achtelnoten: Die Erste spielst du mit dem Mittelfinger (m) auf der im 1. Bund gegriffenen B-Saite, die Zweite wieder mit dem Zeigefinger (i) auf der im 2. Bund gegriffene G-Saite .
    Der letzte Ton im Takt ist wieder eine Viertelnote. Du spielst sie mit dem Daumen (p) auf der im 2. Bund gegriffenen D-Saite.
  • Weitere Besonderheiten gibt es in den Takten 1, 3, 4 und 7: Hier ist jeweils ein kleiner Basslauf eingebaut, der vollständig mit dem Daumen (p) angeschlagen wird. Achte auch hier wieder auf die Angaben zum Fingersatz!

Vergegenwärtige dir das eben Gesagte und beginne mit der Übung 6!

  • Höre dir zunächst das Tonbeispiel einige Male an und versuche dabei, den jeweils gespielten Noten zu folgen.
  • Teile dir die Übung in Abschnitte ein: Für den Anfang übe nur den 1. Takt. Sobald du ihn spielen kannst, übe den 2. Takt und sobald der sitzt, spiele die Takte 1 und 2 nacheinander. Setze dieses Übungsschema fort: Sobald ein Abschnitt sitzt, nimm dir Nächsten vor. Lerne, ihn zu spielen und kombiniere ihn wieder mit den zuvor geübten Abschnitten – so lange, bis du das komplette Stück beherrschst.
  • Übe zunächst in einem dir angenehmen, langsamen Spieltempo und steigere dieses erst, wenn du das Gelernte fehlerfrei zu spielen vermagst.
  • Übe möglichst immer mit einem Metronom und versuche, ein Spielgefühl für jedes geübte Stück aufzubauen!

Vorübung zur Übung 7

Spiele das nun folgende dreitaktige Anschlagmuster einige Male mit dem Plektrum (Pick) durch. Achte dabei auf die angegebene Anschlagrichtung!

  • Takt 1: Nur Abwärtsschläge, Wechsel auf von der G- auf die B-Saite nach der Hälfte des Takts. Notenwerte: Viertelnoten
  • Takt 2: Nur Aufwärtsschläge, Wechsel auf von der B- auf die G-Saite nach der Hälfte des Takts. Notenwerte: Viertelnoten
  • Takt 3: Wechselschlag abwärts/aufwärts, Wechsel von der G- auf die B-Saite nach dem ersten viertel des Takts, Wechsel von der B- zurück auf die G-Saite nach dem zweiten Viertel des Takts, Wechsel von der G- auf die B-Saite nach dem dritten Viertel des Takts. Notenwerte: Achtelnoten

Übung 7 – ein Flatpicking-Abenteuer

Als Flatpicking bezeichnet man einerseits die Plektrum-Spieltechnik, andererseits aber auch ein mit dem Plektrum (Pick) gespieltes, mehr oder minder melodisches Stück – einen Song, aber auch ein mit dieser Spieltechnik vorgetragenes Gitarrensolo. Hier kommt eine kurze Melodie auf der Basis der C-Dur-Tonleiter:

Flatpicking Übung 7 - Grundkurs Gitarre

Übung 7

Achte beim Üben genau auf die angegebene Anschlagrichtung, den Fingersatz und die Notenwerte! Spiele die Übung in langsamem Tempo und steigere es erst, wenn du sauber damit klarkommst.

Das war’s für diese Woche! Erstelle dir für die 2. Woche wieder einen Übungsplan und fixiere ihn schriftlich.

Registrierter Benutzer können einen fertig vorbereiteten Übungsplan für die 2. Woche auch zusammen mit den ausdruckbaren Tabulaturen der Übungen (PDF) kostenlos als Archiv herunterladen – Download: woche02.zip (in neuem Browser-Fenster)

 

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